Die Evangelische Kirchgemeinde in Güttingen

Baugeschichte / Beschreibung der Kirche St. Stephanus in Güttingen

Die Paritätische Kirche St. Stephan wurde im 13. Jahrhundert bezeugt. 1431 Neubau der Kirche, Turm wurde wahrscheinlich 1493 erbaut. Chorumbau 1749, Turmerhöhung gegen 1840. Restaurierungen 1929/30; mit Beitrag der Denkmalpflege 1979 und 2002 (Turm).  Zierlicher Giebeldachbau mit polygonalem Chorschluss. An Nordseite mächtiger, verputzter Flankenturm. Turmstock durch vier Gurten gegliedert, auf denen kleine Lichtschlitze mit oder ohne Spitzbogen aufsitzen. Hohe Spitzbogenöffnungen mit Masswerk im Glockengeschoss, darüber leicht auskragende Terrasse mit geometrischem Gusseisengeländer. Eingezogenes Uhrengeschoss, mit schwach geneigten Zeltdach. Vorzeichen des Schiffes 1979 durch ein Pultdächlein ersetzt, das die Verbindung zum neuen Beinhaus südlich der Kirche herstellt. – Inneres: Schlichter Saal zu fünf Fensterachsen. Hohe Stichbogenfenster durchstossen das Kranzgesimse und schneiden kleine Stichkappen in die Kehle zwischen Wand und Decke. Ein einfaches Stuckprofil umgibt den Deckenspiegel, auf dem längs des Mittelgangs drei Vierpassfelder liegen. Der gehufte Chor ist um eine Stufe erhöht und vom Schiff durch eine Wand mit breitem Spitzbogen getrennt. Über dem Chor liegt eine schlichte Felderdecke. – Bei der purifizierenden Restaurierung von 1979 wurde die Ausstattung des 19. und frühen 20. Jh. (Malereien, Altäre, Glasmalereien) grösstenteils entfernt und ältere Ausstattungsteile an die wichtigsten Stellen des schlichten Saals gesetzt: Taufstein von 1721, Kanzel, Kopie der gotischen Güttinger Madonna (rechte Chorbogenwand, Original im Schweizerischen Landesmuseum), barocke Kreuzigungsgruppe am Scheitelfenster des Chors (17. und 18. Jh.). Spätgotische Statue des Kirchenpatrons im kath. Pfarrhaus. – Im Ortsganzen tritt die Kirche durch ihre Grösse deutlich als beherrschender Bau in Erscheinung, zusätzlich hervorgehoben durch die exponierte Lage und den Ring der Friedhofmauer. Der markante Turm ist das Wahrzeichen der Gemeinde und ein bedeutender Orientierungspunkt in der weiten Landschaft am See.

Auszug aus der Denkmaldatenbank Thurgis.ch

Geschichte über ersten Evangelischen Glauben in Güttingen

Die Evangelische Kirchgemeinde ist mit der Reformation entstanden. Der damalige katholische Priester, Matthias von Tettighofen, trat 1528 mit dem überwiegenden teil der Bevölkerung von Güttingen zum Evangelischen Glauben über. Dünnershausen, Rutishausen, Löwenhausen – drei kleine Weiler, die seit alters her kirchlich zu Güttingen gehören wurden ganz evangelisch.
Matthias von Tettighofen war nicht nur Geistlicher, sondern er hatte auch das sogenannte Kollaturrecht inne. D.h. die Adelsfamillie die er entstammte hatte in Güttingen das Recht den Zehnten zu erheben, wovon sie den Pfarrer anzustellen und zu bezahlen hatte.
Nun war er (Priester Matthias von Tettighofen) zum Evangelische Glauben übergetreten. Darum gehörte die Kirche und das stattliche Pfarrhaus zunächst ganz den Evangelischen. Die wenigen Katholiken in Güttingen wurden friedlich geduldet und durften ihre Messe ebenfalls in der Kirche feiern.

Nach dem Zweiten Kappelerkrieg, 1532, in welchem Huldrych Zwingli getötet wurde und die Katholiken den Krieg über die Evangelischen gewannen, wendete sich das Blatt.
Das Pfarrhaus und das Kirchengebäude gingen in den Besitz der Katholiken über. Aber die Evangelischen waren zahlenmässig in der Mehrheit und behielten das Anrecht auf die Benutzung der Kirche. Pfarrer Mattias von Tettighofen der übrigens die erste Sittenordnung der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau verfasst hat, wohnte eine Zeitlang im Keller seines einst eigenes Hauses. Später konnte das Evangelische Pfarrhaus eingerichtet werden. Schräg gegenüber dem Katholischen. Es steht hier seit 1715. Pfarrer Matthias von Tettighofen war der erste Prädikant der Evangelische Kirche in Güttingen, von 1529 bis 1543.
Wir, Evangelische und katholischen Glaubensgeschwister feiern seither in demselben Kirchgebäude unsere Gottesdienste. Das nennt sich „Paritätische Kirche“.

Seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts waren die Prädikanten angehalten, Kirchenregister zu führen. In Güttingen sind die Taufen seit dem Jahr 1618, die Eheschliessungen ab 1637 und die Verstorbenen ab 1642 verzeichnet.

Baugeschichte / Beschreibung des Evangelischen Pfarrhauses

Erbaut vermutlich 1722. Gesamtform 18. / 19. Jahrhundert. Wertsteigerungen 1817/19, 1825. 1889 Neubau eines Schopfes, 1912 Bauten. 1679-1681: mehrere Rechnungen des Meisters Jergen Saxsen, Schmid zu Güttingen, für Arbeiten im evangelischen Pfarrhaus. 1714 verfasste der evangelische Pfarrer ein Memoriale und beklagte, dass der vom Kreuzlinger Abt längst versprochene Neubau noch immer ausblieb. Am 22. April 1722 erhielt der Güttinger Prädikant vom Kloster Kreuzlingen 100 Gulden, damit er das neu gebaute Haus vollständig ausstatte und in Zukunft unterhalte. Offenbar reichte diese Summe nicht. Denn 1741 legte der evangelische Pfarrer eine genaue Bauabrechnung vor und beklagte sich, dass er aus dem eigenen Sack nicht nur bedeutend mehr bezahlt habe, als ursprünglich vorgesehen war, sondern dass er auch in den 20 Jahren seit der Neuerbauung bedeutende Reparaturkosten gehabt habe. Vom 27. Juni 1853 datiert ein Akkord mit dem Baumeister Schaarschmidt für verschiedene Innenreparaturen, für die Entfernung des Schindelschirms an den Fassaden, für einen neuen weissen Besenwurf und einen auf Drahtgeflecht gemauerten Sockel, ferner für die Reparatur von Läden, Fenstern und Schlössern, die Reparatur des Waschhauses usw. Am 10. Juni 1904 wurde Jakob Stucki, Baumeister in Güttingen, mit kleineren Bauarbeiten am evangelischen Pfarrhaus beauftragt.

Stattlicher Verputzbau bei der Kirche (seit Mitte 19. Jahrhundert verputzt, vorher verschindelt, siehe oben). Obergeschoss leicht vorkragend, durch profiliertes Gesimse ausgeglichen. Fassaden mit vorwiegend regelmässiger Fensteranordnung. Im Kern wahrscheinlich Fachwerkbau von 1722. Strassenseitig erneuerte Eingangspartie mit doppelarmiger Treppe. Rückseitig grosser Garten am St. Otmarsbach. – Bedeutender Stellenwert des Baukörpers als Wandelement des Kirchplatzes, als Reihenelement entlang der Sommeristrasse und als Eckelement in der Strassenverzweigung der Käsereistrasse.

Auszug aus der Denkmaldatenbank Thurgis.ch

Baugeschichte / Beschreibung des Evangelischen Kirchgemeindehauses

Erbaut wurde das Gebäude 1918/20 als Spritzenhaus (Feuerwehrmagazin) und Arbeitsschule. Letzte Restaurierung 1979. Das alte Spritzenhaus befand sich gegenüber auf dem Areal des heutigen grossen Parkplatzes, welches früher den Gemüsegarten des evangelischen Pfarrhauses und das Spritzenhaus (Abbruch 1921) umfasste.

Beschreibung des Gebäudes,
Klar proportionierter Baukörper mit Walmdach, längsseitig zur Strasse.
Garagen mit grossen Toren im strassenseitigen Sockel.
Die relativ grossen Fensteröffnungen mit Steineinfassung sind regelmässig verteilt.
Massiver Verputzbau mit modernem Anbau an der Rückseite (anstelle der ursprünglichen, hölzernen, offenen Loggia).

Seitlich beim Haupteingang steht ein Wandbrunnen.

Auszug aus der Denkmaldatenbank Thurgis.ch

Güttinger Orgel

Die heutige Orgel in der Paritätische Kirche ist schon die zweite Orgel. Die erste pneumatische Orgel wurde 1911 von der Firma Friedrich Goll aus Luzern eingebaut. Diese Orgel hatte 11 klingende Register auf 2 Manualen und Pedalen.

Die zweite und jetzige Orgel ist auch pneumatisch. Sie wurde anlässlich der Kirchenrenovation 1979 durch den Orgelbauer Heinrisch Pürro aus Willisau eingebaut. Diese Orgel hat auch 11 klingende Register auf 2 Manualen und Pedal.

2010 wurde sie Generalreviediert durch die Firma Orgelbau Kuhn AG aus Männendorf.

Typ:
Traktur mechanisch
Registratur mechanisch
Windladen Schleifladen

Baujahr: 1979

Orgelbauer: Heinrich Pürro, Willisau

Manuale: 2+ Pedal
Register: 14, +1 Auszug

Manual 1, C – g“‘, Hauptwerk
Suavial 8 ‚
Spitzgedackt 8 ‚
Oktave 4 ‚
Waldflöte 2 ‚
Mixtur 1 1/3 ‚
Schalmei 8 ‚

Manual II, C – g“‘, Positiv
Koppelflöte 8 ‚
Holzgedackt 4 ‚
Superoktave 2 ‚
Spitzquinte 1 1/3 ‚
Scharff 1 ‚

Pedal, C – f‘
Untersatz 16 ‚
Flötbass 8 ‚
Choralbass 4 ‚
Cornettbass 4 ‚

Koppeln, Spielhilfen: Normalkoppeln II – I, II – P, I – P